Dienstag, 25. November 2008

Geschockt





Die Regenzeit ist nun, für die Cochabambiner endlich und für mich leider, da! Die normalen 35°C am Mittag gibt es nur dann nicht, wenn der Himmel mal wieder mit Wolken verhangen ist und es windet. Typisches Frühlingswetter halt. Da die Erde das ganze Wasser nicht aufnehmen kann und auch die Kanalisation anscheinend nicht, werden hier bei starken Schauern innerhalb von 10 Minuten Straßen derart überschwemmt, dass jedes Auto zum Boot wird. Das erste Mal wurde ich von einem dieser Schauer in einem Restaurant am vergangenen Sonntag Nachmittag erwischt. Das Lokal lag unter Straßenniveau, ergo trat das Wasser durch die Türen ein und meine Freunde und ich mussten gewissermaßen aus dem hinausschwimmen. Daher ist es ab und zu auch nicht möglich, die Straße trockenen Fußes zu überqueren, da muss man sich entweder der Schuhe entledigen oder hinterher tropfend seinen weiteren Weg zurücklegen.
Am Freitag war das fünfte Konzert der Musikabteilung Warmis! Süße Flötenklänge wurden zum besten gegeben. Kinder aller Altersklassen ab 8 Jahren haben ihr Können unter Beweis gestellt und das mit Erfolg. Das Publikum war begeistert. Ich wurde bei dieser Gelegenheit als Kameramann eingesetzt, um das ganze auch für die Nachwelt und als Erinnerung zu konservieren. Nach 1,5 Stunden war das Konzert vorbei und alle zu Warmi gehörigen wurden mit Cola und empanadas belohnt, das alles so wunderbar geklappt hat.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag, habe ich im Hause Elenas, meiner Chefin, geschlafen. Was macht also eine Bolivianerin, wenn sie am Sonntag Morgen einen halbausgeschlafenen Deutschen zu Gast hat?! Sie bereitet ihm eine Überraschung der anderen Art und ich muss zugeben, sie hat mich kalt, sehr kalt erwischt. Ich kam in die Küche und nach dem üblichen „buen dia“ Gruß, meinte sie trocken zu mir: „Weißt du eigentlich, dass heute schon der erste Advent ist?!“. „Wie bitte? Heute? Aber, aber....es ich habe noch nirgendwo einen Hinweis darauf gesehen, nirgends Weihnachtsschmuck oder ähnliches“. Panisch ging ich also zum Kalender und in meiner Aufregung -Elena hatte derweil die schönsten Weihnachtslieder aufgelegt und das zu allem Überfluss auf deutsch- übersah ich, dass es noch nicht der erste Advent war, denn die Sonntage des 23. und 30 standen gemeinsam in einem Kästchen. Eine ganze Reihe von Bildern aus Deutschland raste mir durch den Kopf, ich hätte nie gedacht, dass mich das so treffen würde, aber anscheinend zerren diese Tage, die so sehr mit Traditionen und Familie verbunden sind, doch mehr an einem, als man vorher zu glauben mag. Es gab also „Stille Nacht“ oder „Vom Himmel hoch“ zu hören und mein Frühstück wollte kaum runter, ich war völlig konsterniert. Als ich denn nun doch einmal geendet hatte, ging ich erneut zum Kalender, da ich es einfach nicht glauben konnte und siehe da: „Ähem, Elena, ich glaube du hast dich ein wenig geirrt!“. Sie wollte es zwar erst nicht glauben, wir hatten schon das Gespräch über Adventskränze und sonstigen Schmuck zu Weihnachten hinter uns, aber nach einem Blick auf den Kalender glaubte auch sie mir. „Aber der padre hat das doch letzten Sonntag so gesagt oder nicht!?“. Ich war zwar in der Messe, musste ihr aber gestehen, seinen genauen Wortlaut nicht mehr im Ohr zu haben, jedenfalls war ich irgendwie erleichtert, dass der erste Advent erst am 30.11 sein wird.

Freitag, 14. November 2008

Sopa de riñon


Der November begann mit „todos santos“ (Allerheiligen), was hier in Bolivien jedoch ganz anders gefeiert wird als in Deutschland. Erstmal ist das ein offizieller Feiertag, seit Evo Präsident ist, und zudem begeht man das Fest auch mit anderen Bräuchen. Geht man im Zentrum Europas zur Kirche und auf den Friedhof, wird hier in den Häusern gebacken und gekocht. Es werden Tische aufgestellt mit Gebäck und sonstigen Leckereien, die dem vor höchstens einem Jahr in diesem Haus verstorbenen geschmeckt haben, denn nur in diesen Häusern werden die Bräuche zelebriert. Nun wird die Tür aufgemacht und in „Sankt Martin Manier“ kommen Kinder mit Beuteln ins Haus, doch im Gegensatz zu den wunderhübschen Gesängen, die man auf an Sankt Martin auf die Ohren bekommt, wird in Bolivien aufrichtig für die verstorbene Person gebetet. Verschiedene Gebete werden aufgesagt, mehrfach und am Ende kommt die Hausherrin mit den leckersten Köstlichkeiten. Das ist sowieso das Problem: das Essen in Cochabamba schmeckt einfach zu gut. Ich bin ein Opfer des kulinarischen Zentrums Boliviens. Leben heißt hier essen und das nicht zu knapp. Man muss also aufpassen, denn allzu schnell machen sich bisher unbekannte Rundungen bemerkbar. Meine letzte Herausforderung für die Geschmacksnerven war „sopa de riñon“ (Nierensuppe)! Während meine Tischnachbarn, nachdem sie mir dieses Vorspeise aufgedrückt hatten, mit hämischen und angeekeltem Grinsen mir dabei zusahen, wie ich probierte, musste ich mich kurz überwinden, denn etwas derart Kurioses habe ich bisher noch nicht gegessen -und dabei hatte ich mir vorgenommen, eigentlich die Finger von Innereien zu lassen-, aber schlussendlich war es annehmbar. Es wird nicht meine Leibspeise werden, aber ich musste auch nicht direkt zum Klo rennen. Diese Woche habe ich mir auch den neuen Bond angeguckt, der auch zu einem großen Teil in Bolivien spielt, aber es wäre besser gewesen, sich etwas anderes anzuschauen. Das liegt nicht an sprachlichem Unvermögen meinerseits, sondern an der Eigenart des Films mir nicht gefallen zu wollen. Er zeigt Bolivien von sehr eigentümlichen Seiten, aber etwas mehr als wahres kommt doch zum Vorschein. Bond wird in einer Szene von zwei Bolivianischen Polizisten, hier „pacos“ genannt, dazu aufgefordert, seinen Kofferraum zu öffnen. Nun muss man wissen, wie ein bolivianischer Polizist aussieht. Ein grüner Ganzkörperanzug, und das von 10°C bis 30°C, dazu gerne noch eine dicke Jacke oder eine schusssichere Weste, einen Hut und nun das wichtigste: die Sonnenbrille! Bei Tag und Nacht, zu jeder Uhrzeit, man muss ja die Coolness bewahren. Was hier beim Fußball zwischen Polizei und Spielern passieren kann, wurde am letzten Sonntag eindrucksvoll gezeigt (http://www.youtube.com/watch?v=bySLtm9bPMY), doch das ist die Ausnahme auf den Plätzen.