Dienstag, 23. Dezember 2008

Weihnachtszeit





































Die Zeit Quin Quin, die Zeit....Nachdem ich gut und sicher wieder in Cochabamba angekommen war, blieben mir noch drei Tage, bis ich schon wieder mit den Kindern von Warmi auf „campamento“ gefahren bin. Was für ein Ausflug! Für die Stadtkinder des Projektes, und das sind sie alle, war es das Größte sich mal auf dem Land austoben zu können, was sie auch zu genüge taten. Wir spielten die üblichen Spiele, wie futbol (Fußball), pesca pesca (fangen), oculta oculta (eine Variante von „verstecken“), kajcha (ähnlich dem Squash, jedoch nur mit der Hand), bate (Brennball) und anderes, was sich halt noch besser mit viel Platz als nur im Hof bei Warmi spielen lässt. Der Hit war ein Spiel, das permanent unser Begleiter war. Jeder der will, kann sich in jedweder Situation ein Lied überlegen, das ihm gerade passend erscheint, er ruft sodann: „Llegó carta“ (Es ist ein Brief angekommen). Die Frage der Gruppe auf diesen Ausruf ist immer: „Para quién? (Für wen?), „para ....“ (für ...., ruft derjenige, der sich das Lied überlegt hat), „de quién“ (von wem? Die Gruppe), „de .....“ (von ....., der Einzelne), „qué dice?“ (was steht drin? Die Gruppe) und sodann fängt der Einzelne an sein Lied zu singen, was, abgesehen von Gesangskünsten, vor allem meinen, immer zu Lachern geführt hat, denn meist kamen Liebeslieder dabei raus, die zwei Mitglieder der Gruppe miteinander verkuppelten, was diese überhaupt nicht witzig fanden, was den Spaß noch erhöhte. Das campamento ging über zwei Tage, den 11. und 12. Dezember, mit vielen Aktivitäten, wir badeten unter anderem im Fluss, was eiskaltes Wasser bedeutet. Seitdem halten mich auch alle, nicht nur die Kinder, denn für die war das schon lange klar und so werde ich auch behandelt, sondern auch die anderen Freiwilligen und Verantwortlichen für ein Kind, denn ich spielte die beiden Tage immer mit den Kindern, saute mich ein, machte sie nass und umgekehrt, wie auch sie. Aber was soll man machen, es ist halt divertido! Einige Erledigungen und Besuche bei Freunden am Wochenende und schon kamen die letzten Tage in Warmi, in denen „paneton“ (eine Art Christstollen) und Kekse gebacken wurden und wieder vieeeeeel gespielt wurde. Am Donnerstag gab es dann die offizielle Weihnachtsfeier mit Eltern und Geschenken, sowie Konzert und der Aufführung von „La carpeta roja“ (Rotkäppchen). Freitag eine „evaluación“ (Bewertung und Besprechung) unserer Arbeit, mit allen Verantwortlichen. Und am Samstag Abend ging es dann schon los nach Santa Cruz, um von dort aus nach Asunción/Paraguay zu meiner Familie zu fahren, wo ich mittlerweile gut angekommen bin. Auf der Busreise, die insgesamt 27 Stunden gedauert hat, 10Std von Cochabamba nach Santa Cruz und 17Std von Santa Cruz nach Asunción, hatte ich, den ganzen „chaco“ hindurch, zum Glück schlechtes Wetter, also bei bewölkt und Regen nur 25°C. Erst in Asunción selbst erwarteten mich die üblichen 38°C im Schatten. Ca. vier Stunden nachdem wir die paraguayische Grenze überquert hatten, wurden wir auch schon auf Drogen kontrolliert und bekamen den Einreisestempel. Der Drogenhund jedoch wollte viel lieber in den Pfützen oder mit seinem Ball spielen, als unser Gepäck zu beschnüffeln, daher rannte er öfter darum herum, als seine Aufgabe zu erfüllen, was für alle, bis auf die Polizisten, ein Spaß war....die Zeit ist ein sonderbar Ding.

Dienstag, 9. Dezember 2008

Das war Che

Eine ganz normale Seminarstunde

Alle Freiwilligen mit Betreuern

Der Che und der Ich

Gruppenbild mit Che

Mein Nikolaus....

...in den Duenen

...und am Pool!!!

Hasta la victoria siempre! Was kann meine vergangene Woche besser beschreiben, als diese Worte. Der große Häuptling Ernesto „Che“ Guevara hatte alle Freiwilligen der Hermandad in Bolivien per Rauchzeichen in sein Land eingeladen und von „Rote Eule“ bis hin zu „Wildes Faultier“ waren alle seinem Ruf gefolgt und kamen in Scharen aus allen Bereichen des Landes, um den großen Manitu zu sehen. Doch zuerst wurden wir von seiner Sekretärin, „Kluge Welpin“, und ihren Helfern, unseren Gruppenleitern in Empfang genommen. Vallegrande nahm uns 25 Freiwillige behutsam, bewölkt und fröstelnd auf. Der „taller“ (etwa: Workshop), in dem wir unsere Projekte vorstellten, Probleme in der neuen Kultur und auf der Arbeit analysierten und besprachen, uns mit der politischen und gesellschaftlichen Realität Boliviens auseinandersetzten, hat uns alle nicht nur einander näher gebracht, sondern uns auch unserer Aufgabe bewusster gemacht. Das Kennenlernen anderer Freiwilliger, die sich zwar untereinander schon größtenteils kannten, mir jedoch unbekannt waren, hat mich nicht nur in einer zeitweise eingerichteten deutschen Kolonie leben lassen, da wir nur Deutsch sprachen -was nach so langer Zeit mit so wenig Muttersprache sehr gewöhnungsbedürftig war-, sondern auch fantastische Freundschaften und Blutsbrüderschaften schließen lassen, die mir einiges an Freude bereitet haben. Das Lachen war in jenen Tagen unser ständiger Begleiter und stets irgendwo zu hören. Am Sonntag, dem 30.11.2008, haben wir gemeinsam schließlich doch die erste Kerze des Advent zusammen angezündet und besungen.
Das Highlight, das wegen schlechten Wetters -ja so was gibt es auch im Sommer in Bolivien, zumindest in Vallegrande- immer wieder verschoben werden musste, war jedoch die Reise nach La Higuera, wo Ernesto Che Guevara ermordet wurde. Es ist ein kleines Dörfchen mitten im Nirgendwo des Halburwaldes Boliviens. Außer der Örtlichkeit der Hinrichtung und einigen Skulpturen, konnte man sich in dem Raum, in dem Che erschossen wurde, seine Geschichte durchlesen und sich dort auch verewigen. Nachdem dem großen Manitu also geopfert und gehuldigt hatten, ging es wieder heimwärts nach Vallegrande. Dort befindet sich die Wäscherei, in der das berühmte Foto Ches geschossen worden ist, auf welchem er zwar tot, doch mit offenen Augen und Oberkörper frei auf einer Liege zu sehen ist. Nachdem wir den letzten Abend mit Friedenspfeife und Regentanz haben ausklingen lassen. Hier möchte ich ein Zitat einer saarländischen Freundin anführen, die zum Abschluss meinte „Ach, war dat allet (s)che“ -die Dialekte der einzelnen Freiwilligen waren immer wieder ein Grund zur Freude und zum Besprechen.
Doch da war die Reise des jungen Tobi noch nicht vorbei. Mit zwölf der Freiwilligen setzte ich meinen Weg nach Santa Cruz fort. Tropisches Wetter erwartete mich dort, den ganzen Tag Sonne und eine ganz offene Bevölkerung. Nikolaus stand vor der Tür, beziehungsweise schon in der Tür und wir bereiteten uns, da wir alle immer gaaanz brav gewesen sind, unser eigenes Nikolausgeschenk. Einen Tag in „las lomas de arena“ (Sanddünen), die mitten im campo etwas außerhalb von Santa Cruz liegen. Riesige Sandlandschaften inmitten von Gestrüpp und tropischen Bäumen. Normalerweise soll es dort auch noch Lagunen geben, doch leider hatten wir nicht das Glück diese anzutreffen. Also quartierten wir uns, nach der Begehung und Durchquerung einer kleinen Schwester der Sahara, in einem Hotel ein, besser gesagt, an dessen Pool. So ließ es sich aushalten, mit vorher gekauften Früchten, Blick auf die Dünen und erfrischendem Wasser den Nikolaus bei 40°C zu verbringen, ein Traum!!...und natürlich in wunderbarer Gesellschaft. Wir konnten uns einige Späße über die Menschen daheim nicht verkneifen, denn es war einfach zu gut dort. Bei der Rückkehr hatten wir dann noch einiges Glück, denn wir wurden auf der Ladefläche eines Pickups mitgenommen, ohne auch nur den Versuch gemacht zu haben, zu trampen, der Fahrer hatte uns einfach gefragt und mitgenommen.Am Sonntag besangen wir dann zu zehnt in einem Taxi (ein ganz normaler Combi), den zweiten Advent und während sich der Rest der Truppe auf eine Bolivienreise gemacht hat, bin ich nach Cochabamba zurückgekehrt, um noch die letzten Tage mit den Kindern zu verbringen.

Dienstag, 25. November 2008

Geschockt





Die Regenzeit ist nun, für die Cochabambiner endlich und für mich leider, da! Die normalen 35°C am Mittag gibt es nur dann nicht, wenn der Himmel mal wieder mit Wolken verhangen ist und es windet. Typisches Frühlingswetter halt. Da die Erde das ganze Wasser nicht aufnehmen kann und auch die Kanalisation anscheinend nicht, werden hier bei starken Schauern innerhalb von 10 Minuten Straßen derart überschwemmt, dass jedes Auto zum Boot wird. Das erste Mal wurde ich von einem dieser Schauer in einem Restaurant am vergangenen Sonntag Nachmittag erwischt. Das Lokal lag unter Straßenniveau, ergo trat das Wasser durch die Türen ein und meine Freunde und ich mussten gewissermaßen aus dem hinausschwimmen. Daher ist es ab und zu auch nicht möglich, die Straße trockenen Fußes zu überqueren, da muss man sich entweder der Schuhe entledigen oder hinterher tropfend seinen weiteren Weg zurücklegen.
Am Freitag war das fünfte Konzert der Musikabteilung Warmis! Süße Flötenklänge wurden zum besten gegeben. Kinder aller Altersklassen ab 8 Jahren haben ihr Können unter Beweis gestellt und das mit Erfolg. Das Publikum war begeistert. Ich wurde bei dieser Gelegenheit als Kameramann eingesetzt, um das ganze auch für die Nachwelt und als Erinnerung zu konservieren. Nach 1,5 Stunden war das Konzert vorbei und alle zu Warmi gehörigen wurden mit Cola und empanadas belohnt, das alles so wunderbar geklappt hat.
In der Nacht von Samstag auf Sonntag, habe ich im Hause Elenas, meiner Chefin, geschlafen. Was macht also eine Bolivianerin, wenn sie am Sonntag Morgen einen halbausgeschlafenen Deutschen zu Gast hat?! Sie bereitet ihm eine Überraschung der anderen Art und ich muss zugeben, sie hat mich kalt, sehr kalt erwischt. Ich kam in die Küche und nach dem üblichen „buen dia“ Gruß, meinte sie trocken zu mir: „Weißt du eigentlich, dass heute schon der erste Advent ist?!“. „Wie bitte? Heute? Aber, aber....es ich habe noch nirgendwo einen Hinweis darauf gesehen, nirgends Weihnachtsschmuck oder ähnliches“. Panisch ging ich also zum Kalender und in meiner Aufregung -Elena hatte derweil die schönsten Weihnachtslieder aufgelegt und das zu allem Überfluss auf deutsch- übersah ich, dass es noch nicht der erste Advent war, denn die Sonntage des 23. und 30 standen gemeinsam in einem Kästchen. Eine ganze Reihe von Bildern aus Deutschland raste mir durch den Kopf, ich hätte nie gedacht, dass mich das so treffen würde, aber anscheinend zerren diese Tage, die so sehr mit Traditionen und Familie verbunden sind, doch mehr an einem, als man vorher zu glauben mag. Es gab also „Stille Nacht“ oder „Vom Himmel hoch“ zu hören und mein Frühstück wollte kaum runter, ich war völlig konsterniert. Als ich denn nun doch einmal geendet hatte, ging ich erneut zum Kalender, da ich es einfach nicht glauben konnte und siehe da: „Ähem, Elena, ich glaube du hast dich ein wenig geirrt!“. Sie wollte es zwar erst nicht glauben, wir hatten schon das Gespräch über Adventskränze und sonstigen Schmuck zu Weihnachten hinter uns, aber nach einem Blick auf den Kalender glaubte auch sie mir. „Aber der padre hat das doch letzten Sonntag so gesagt oder nicht!?“. Ich war zwar in der Messe, musste ihr aber gestehen, seinen genauen Wortlaut nicht mehr im Ohr zu haben, jedenfalls war ich irgendwie erleichtert, dass der erste Advent erst am 30.11 sein wird.

Freitag, 14. November 2008

Sopa de riñon


Der November begann mit „todos santos“ (Allerheiligen), was hier in Bolivien jedoch ganz anders gefeiert wird als in Deutschland. Erstmal ist das ein offizieller Feiertag, seit Evo Präsident ist, und zudem begeht man das Fest auch mit anderen Bräuchen. Geht man im Zentrum Europas zur Kirche und auf den Friedhof, wird hier in den Häusern gebacken und gekocht. Es werden Tische aufgestellt mit Gebäck und sonstigen Leckereien, die dem vor höchstens einem Jahr in diesem Haus verstorbenen geschmeckt haben, denn nur in diesen Häusern werden die Bräuche zelebriert. Nun wird die Tür aufgemacht und in „Sankt Martin Manier“ kommen Kinder mit Beuteln ins Haus, doch im Gegensatz zu den wunderhübschen Gesängen, die man auf an Sankt Martin auf die Ohren bekommt, wird in Bolivien aufrichtig für die verstorbene Person gebetet. Verschiedene Gebete werden aufgesagt, mehrfach und am Ende kommt die Hausherrin mit den leckersten Köstlichkeiten. Das ist sowieso das Problem: das Essen in Cochabamba schmeckt einfach zu gut. Ich bin ein Opfer des kulinarischen Zentrums Boliviens. Leben heißt hier essen und das nicht zu knapp. Man muss also aufpassen, denn allzu schnell machen sich bisher unbekannte Rundungen bemerkbar. Meine letzte Herausforderung für die Geschmacksnerven war „sopa de riñon“ (Nierensuppe)! Während meine Tischnachbarn, nachdem sie mir dieses Vorspeise aufgedrückt hatten, mit hämischen und angeekeltem Grinsen mir dabei zusahen, wie ich probierte, musste ich mich kurz überwinden, denn etwas derart Kurioses habe ich bisher noch nicht gegessen -und dabei hatte ich mir vorgenommen, eigentlich die Finger von Innereien zu lassen-, aber schlussendlich war es annehmbar. Es wird nicht meine Leibspeise werden, aber ich musste auch nicht direkt zum Klo rennen. Diese Woche habe ich mir auch den neuen Bond angeguckt, der auch zu einem großen Teil in Bolivien spielt, aber es wäre besser gewesen, sich etwas anderes anzuschauen. Das liegt nicht an sprachlichem Unvermögen meinerseits, sondern an der Eigenart des Films mir nicht gefallen zu wollen. Er zeigt Bolivien von sehr eigentümlichen Seiten, aber etwas mehr als wahres kommt doch zum Vorschein. Bond wird in einer Szene von zwei Bolivianischen Polizisten, hier „pacos“ genannt, dazu aufgefordert, seinen Kofferraum zu öffnen. Nun muss man wissen, wie ein bolivianischer Polizist aussieht. Ein grüner Ganzkörperanzug, und das von 10°C bis 30°C, dazu gerne noch eine dicke Jacke oder eine schusssichere Weste, einen Hut und nun das wichtigste: die Sonnenbrille! Bei Tag und Nacht, zu jeder Uhrzeit, man muss ja die Coolness bewahren. Was hier beim Fußball zwischen Polizei und Spielern passieren kann, wurde am letzten Sonntag eindrucksvoll gezeigt (http://www.youtube.com/watch?v=bySLtm9bPMY), doch das ist die Ausnahme auf den Plätzen.

Donnerstag, 30. Oktober 2008

Reisefieber







































Reise
Am Mittwoch Abend, den 22.10.2009, machte ich mich in einer „flota“, einem Überlandbus, auf den Weg nach La Paz. Zweck der Reise war die Verlängerung des Visums von Marina und Nicole, meiner beiden freiwilligen Mitarbeiterinnen aus Deutschland bei Warmi. Als wir am Morgen, nach acht Stunden trotz Liegesitzen für mich schlafloser Fahrt, in La Paz ankamen, fielen wir direkt hinten über. KALT!!! Wir, an das warme Klima gewöhnte, Cochabambiner mussten sogleich erstmal einen Tee trinken, um nicht zu erfrieren. Die Höhenkrankheit, auch „sorojchi“ genannt, befiel uns übrigens zu keinem Zeitpunkt der Reise, obwohl wir in La Paz und am Titicacasee auf 3800m und zeitweise sogar auf über 4000m waren. Sogleich suchten wir uns eine weitere Flota nach Copacabana am Titicacasee, denn von dort aus ist es nicht mehr weit zur peruanischen Grenze. Auf dem Weg durch das Altiplano, das uns wirklich beeindruckt hat, denn auf 3800m ein so riesiges, unermessliches, bewirtschaftetes Plateau zu finden schien uns höchst merkwürdig. Es ging also drei Stunden bei gefühlten 10°C an Lehmhütten mit Strohdächern, Eseln und Ebene vorbei. Auf dem Platz neben mir, hatte es sich eine ältere „cholita“ (traditionell gekleidete Frau) gemütlich gemacht. Wir verstanden uns auf Anhieb und so bat sie mir Bananen und ich ihr Brot an. Als dann ein junger Mann, der Wissensheftchen verkaufte, in die Flota kam, bat sie um eines, um es sich anzuschauen. Der Herr vergaß dies aber, worauf sie kess zu mir meinte: „Ich zahle jetzt einfach nicht!“ Nach einem Auflachen konnte ich ihr nur sagen: „Ich werde sie schon nicht verraten, keine Angst.“ Sie begann also in aller Seelenruhe Cocablätter zu kauen, bis er den Bus verließ.
Copacabana
Einmal in dem idyllischen Copacabana angekommen, lag der gesamte Nachmittag vor uns. Wir bestiegen also den Calvario-Hügel, dessen Spitze sich auf über 4000m befindet, was nicht ganz einfach war, denn man bekam die Höhe gut zu spüren. Gespräche im Gehen? Unmöglich! Selbst bei langsamen Gehen nicht aus der Puste zu kommen? Auch unmöglich! Einen ruhigen Puls behalten? Am unmöglichsten! Aber es war die Mühen wert, denn war man erst einmal angekommen, so konnte man einen mehr als fantastischen Ausblick genießen! Großartig, riesig, blau und faszinierend, so würde ich den See beschreiben, der eine derart ruhige Atmosphäre erzeugt, dass man den ganzen Tag dort oben verbringen könnte. Die vom Vatikan heilig gesprochene „schwarze Madonna“ in der örtlichen Kirche war gar nicht so schwarz, wie erwartet, aber bei einem Alter von 500 Jahren ist das wohl zu verzeihen oder vielleicht hat sie sich im Laufe der Zeit nur für eine Farbe entschieden, die derjenigen der Dorfbewohner ähnlich ist – ein verbranntes, tiefes Braun. Nun war eine Bootsfahrt zur „Isla del Sol“ gemacht, ein mit viel Mythologie der Inka behafteter Ort. Ein über 10000 Jahre alter Tempel einer Kultur weit vor den Inkas, der „sede del Inka“, wunderschöne Ausblicke, ein paar tiefe Züge aus der „fuente del Inka“ (Inkaquelle) der Weisheit und das Herabsteigen der „escalera del Inka“ (Inkatreppe) standen auf dem Programm. Zum „fuente del Inka“ gibt es drei verschiedene Zuflüsse, aus denen sie gespeist werden und somit wird auch unter der Quelle der Liebe, der Quelle der Weisheit und der Quelle der Jugend unterschieden. Unerklärlich war mir jedoch, warum es aus der Quelle der Liebe nur tröpfelte, während das Wasser aus den anderen beiden Quellen nur so herausschoss. Liebt der Inka nicht oder macht die Liebe bei ihnen gerade eine Pause? Man weiß es nicht. Zurück in Copacabana besuchten wir den „mercado de artesania“ (Kunsthandwerkmarkt), aßen „trucha“ (Forelle) aus dem Titicacasee, sowie riesiges Popkorn, das aus einem speziellen Mais hergestellt wird und dort an jeder Straßenecke feilgeboten wird.
La Paz
Zurück in La Paz, kamen wir nicht nur bei unseren befreundeten Freiwilligen Hanna und Franzi unter, sondern konnten uns auch erstmals ein richtiges Bild dieser riesigen Stadt machen. Laut, hupend, schreiend, riesig, hoch, tief, lang, verwirrend, verrückt, arm, reich, hoch gebaut, bunt, schräg, steil, schnell, eng, voll, kalt, vielfältig, wild, kriminell und nicht so lecker wie Cochabamba, so würde ich sie beschreiben. Der höchste und tiefste Punkt der Stadt liegen 500m auseinander, es ist ein Gewirr von Straßen, die Schuhputzer verstecken ihre Gesichter unter Mützen (einige meinen der Anonymität wegen, andere meinen, sie hätten Kleber zum Schnupfen darunter), in den Trufis gibt es Schreihälse, die ankündigen wo es für wie viel hingeht (was eigentlich nicht nötig ist, denn die Route steht auch vorne dran), die Häuser sind wie an den Berg geklebt und in manchen Straßen hängen Puppen mit ausgekratzten Augen an Laternen, die zeigen sollen, was mit den Dieben, denn sie werden nur nach Einbrüchen aufgehängt, geschieht, wenn man sie findet....In La Paz erlebte ich auch meinen ersten richtigen Regen in Südamerika, aber freuen konnten ich mich darüber nicht wirklich. Ein weiterer Freiwilliger, der Tarek, führte uns nach „El Alto“ den höchsten und ärmsten Teil der Stadt, um uns eine einmalige Aussicht zu bieten. In dem Straßen- und Menschengewirr wurde ich aus heiterem Himmel ins Gesicht gespuckt und nachdem meine erste Handbewegung zum Gesicht ging, so ging die zweite doch gleich zu meiner Bauchtasche und dem Rucksack, den ich Nicole abgenommen hatte. Dieses Ablenkmanöver zum Klauen ist hier sehr beliebt und da wir mit vielen „gringos“ unterwegs waren, stellten wir auch zugleich ein schönes und eventuell ertragreiches Ziel dar. Es kam jedoch nichts weg und außer einer gewissen gefühlten Aggressivität und plötzlichem Misstrauen meinerseits gegenüber allen Passanten, sind wir heil zum Aussichtspunkt gekommen, der wirklich alle Anstrengungen wert war, dort hinaufzuklettern. Ein unglaublicher Ausblick auf die Lichterstadt der Nacht bot sich uns, bis, ja bis wir in einer Wolke vergingen, denn sie schlich sich von links heran und überfiel uns hinterrücks. Nach nur fünf Minuten war die gesamte Aussicht dahin.
Valle de la luna
Ein Tagesausflug führte uns dann noch in das Mondtal nahe La Paz. Ein Ort voller verwitterter, poröser und durch Erosion geformter Steine, die einer Mondlandschaft wirklich nicht unähnlich sehen, auch wenn die Bolivianer daraus mit viel Fantasie etwas mehr gemacht haben, denn die Gesteinsformationen sollen Frauenhüte, Gesichter guter Opas, Teufelszähne, Schildkröten oder Ähnliches darstellen, was aber nur mit einer gehörigen Portion Vorstellungs- oder Einbildungskraft möglich ist. Nichtsdestotrotz war es trotz Nieselregens wie zu guten alten Zeiten in Deutschland, ein interessanter Trip.
Auf der Rückfahrt nach Cochabamba konnten wir dann Bolivien im Hagel und mit seiner atemberaubenden Landschaft bewundern. Das Beste nach der Reise war jedoch, endlich wieder den Christus in der Mitte Cochabambas zu erblicken und sein warmes Klima wieder genießen zu können.






Dienstag, 21. Oktober 2008

Auser“lesen“





Während mir die Sonne hier jeden Tag eine Temperatur von 30°C beschert, die auch nachts nur um 10-15°C fallen will, geht hier in Cochabamba die Buchmesse zu Ende, ebenso wie ihr großes Vorbild in Frankfurt. Insgesamt besuchten die kleine Buchmesse hier wohl ungefähr 9000 Menschen, darunter am Freitag, den 17.10., auch 25 Kinder mit Betreuern von Warmi! Wer Interesse hatte, durfte mit. Es wurden drei Taxis bestellt und je ein Betreuer ist mit sieben Kindern in einen der Kombis gestiegen. Das bedeutet bei einem normalen Fünftürer, dass drei Kinder im Kofferraum Rabatz machen durften und vier auf der Rückbank. Die Taxifahrer waren die Ruhe selbst und haben uns sowohl hin als auch zurück ohne Probleme durch die ganze Stadt kutschiert und das für je 15 Bolivianos (ca. 1,5€). Als wir auf der Rückfahrt an zwei Verkehrspolizisten vorbeikamen, dachte ich schon, dass uns jetzt eine Standpauke oder eine Strafe erwarten würde. Ganz im Gegenteil! Die Polizisten winkten uns trotz deutlich sichtbar spielender Kinder im Kofferraum freundlich durch. So ist das hier, alles was in ein Auto reinpasst, das ist auch legal, sei es gesichert oder nicht, das gilt sowohl für Menschen als auch für sonstige Lasten. Die Messe selbst war zwar nicht sonderlich groß, aber dennoch eine wunderbare Abwechslung sowohl für die Kinder als auch für uns „encargados“. Langweilig wurde keinem, denn es durften Bücher für die Bücherei auserlesen werden, weshalb alle fünf Minuten an meinem Arm gezupft und gezogen wurde, um mich zu DEM Buch zu führen, das man ja uuunbedingt gelesen haben wollte. Eine profunde Kenntnis bekannter südamerikanischer Werke wäre an diesem Tag von großem Vorteil gewesen, doch wir Europäer schotten uns ganz gut gegen eben diese Literatur ab, sodass ich -mit nur wenig Hilfe meiner Arbeitskollegen- eher blind durch die Bücherregale gestöbert habe. Ein voller Erfolg war dieser Tag in einer Welt voller Buchstaben, Sätze, Kapitel und Bücher!
Am Montag, den 20.10.,gaben einige Kinder von Warmi mit Chören von anderen Schulen und Institutionen ein Konzert in dem größten Konzertsaal Cochabambas, dem „Teatro Achá“. Die musikalische Erziehung in Warmi, die zwei Mal in der Woche mit dem Lehrer Christian stattfindet, trägt ihre Früchte und so haben die Musikanten mehr als nur überzeugt. Die Stücke erforderten eine gute musikalische Abstimmung und Harmonie. Beides brachten die Kinder auf die Bühne, sodass das Publikum hellauf begeistert war von ihrem Auftritt.
Der Marsch von Anhängern Evos, hat an diesem Montag auch La Paz erreicht, mit der Vorankündigung, dass sie die Stadt nicht verlassen werden, bis nicht die neue Konstitution oder ein Referendum zu eben dieser vom Kongress beschlossen worden ist. Die alten Streitpunkte (Möglichkeit der Wiederwahl eines Präsidenten, Autonomie und die Steuer IDH) halten den sogenannten Dialog weiterhin auf. Man wird sehen, wie die Senatoren auf den friedlichen und demokratischen Marsch, angeführt von Präsident Morales, reagieren, ob sie ängstlich alles das beschließen, was die Anhänger der MAS (Movimiento al Socialismo) fordern oder ob sie das Risiko eingehen, diese mit dem Gegenteil herauszufordern...

Dienstag, 14. Oktober 2008

Kleiner Mann, grooooße Show




Am vergangenen Mittwoch, den 08.10., war ich mit einer Freundin bei der Vorstellung eines Komikers. Ich, als unwissender Europäer, habe ihre Einladung einfach angenommen, ohne zu wissen, was da auf mich wartet. Adal Ramones?! Wem dieser Name etwas sagt, der möge sich bitte melden, mir zumindest war der Herr unbekannt. Trotzdem bin ich ohne großes Zögern zu seinem Programm gegangen. Angekündigter Beginn war 19.30 Uhr, es stand nicht „hora alemana“ (deutsche Zeit, also pünktlich) auf den Eintrittskarten, weshalb man hätte vermuten können, dass die ganze Sache etwas später anfängt. Zu meinem Glück wurde in der Schlange auf mich gewartet, sodass ich mich nicht hinten anstellen musste. Meine Freundin war schon um 17.30 da. Wir verbrachten dann gemeinsam mit wohl 2000 anderen Menschen eine schöne Zeit in den Straßen Cochabambas, bis alle so gegen 21.00 dann eingelassen wurden. Pünktlich um 21.45 ging der Spaß dann los – was durchaus wörtlich zu nehmen ist, denn jener Adal Ramones ist eine ganz große Nummer in Südamerika. Ein kontinental bekannter Mexikaner, der mit der scharfen und delikaten Zunge der Mexikaner, Monologe abhält und dabei weder Publikum, noch gemeinhin die Völker Südamerikas verschont. So zieht er die Bewohner von La Paz oder Ciudad de Mexico durch den Kakao und das alles unterstrichen mit Tanz und Grimasse. Dieser kleine Mann ist hier ein so großer, dass die Sporthalle in der die Veranstaltung stattfand, nicht nur voll war, nein, ich hatte das Glück, keinen Sitzplatz mehr zu bekommen und den ganzen Abend, so ca. zweieinhalb bis drei Stunden, stehen zu müssen, wie auch ungefähr 200 andere Zuschauer. Trotzdem hat es sich mehr als nur gelohnt, denn die Lachmuskeln hatten an diesem Abend Schwerstarbeit zu verrichten!
Mein tägliches Warmi-Programm gehe ich immer noch mit derselben Freude an, wie zu Beginn. Ich habe mittlerweile fast alle Spiele übersetzt, nur eines auf Portugiesisch, mit hunderten kleiner Karten mit Sprüchen, will einfach kein Ende nehmen, aber das bekomme ich auch schon noch in den Griff.
Der kleine Laden, den ich fotografiert habe, ist ein typisches Elemnet des Lebens hier. In diesen "tiendas" kann man so gut wie alles kaufen und es gibt sie an jeder zweiten Straßenecke. Braucht man also etwas im Zeitraum zwischen 8 und 23 Uhr, so kauft man es da, Supermärkte sind eher selten und alles was sonst so benötigt, wird frisch auf der "cancha" einem riesigen, täglichen Markt in Cochabamba gekauft.
Politisch ging heute eine neue Phase los, denn Evo hat seine Masistas versammelt und lässt sie, unter seiner Führung, gen La Paz marschieren. Ab heute, den 13.10, eine Woche lang und 200km, bis sie dann am 20.10 ankommen sollen, um den Kongress zu belagern! Wie die Menschen verpflegt werden? Es gibt anscheinend genug Geld dafür, trotz Inflation und Wirtschaftskrise, um die sich Evo so gut wie gar nicht kümmert und außerdem lassen sich Drogen (der Coca-Anbau und -verkauf stellt einen großen Anteil der Wirtschaft), immer gut verkaufen, auch in diesen schweren Zeiten. Die neue Konstitution soll mit allen Mitteln durchgesetzt werden, das steht jetzt fest.


Dienstag, 7. Oktober 2008




Verläuft mein Leben wie gewohnt, in ruhigen, arbeitsamen und sportlichen Bahnen, so gab es doch in der letzten Woche einige Aufregung bei Warmi! Ein Buch ist aus der Bibliothek verschwunden!!! Man mag jetzt denken: Das Lesen scheint einigen Kindern dort sehr gut zu gefallen, wie schön, auch wenn ein Buch mit nach Hause zu nehmen natürlich nicht die richtige Art und Weise ist, dies zu zeigen. Aber das ist nur die Hälfte der Wahrheit. Das Buch was vermutlich entwendet wurde, ist eher ein Büchlein von ca. fünf mal fünf Zentimetern – also sehr attraktiv und anziehend für Kinder. Was es noch interessanter macht ist die Tatsache, dass das Büchlein „trabalenguas“ (=Zungenbrecher) enthält. Konsequenz der ganzen Aufregung war nicht nur, dass alle anwesenden Kinder ihre Rucksäcke durchsuchen und zeigen mussten, die gesamte Bibliothek und auch den restlichen Bereich des Geländes absuchen mussten, sondern, was viel schlimmer für sie ist, den Nachmittag 1,5 Std nicht spielen konnten. Des weiteren ist die Bibliothek nun für die Schüler geschlossen, was sie zwar von den wöchentlichen Lektüre befreit, ihnen aber auch gleichzeitig alle Tischspiele vorenthält. Wie lang diese Strafe noch aufrecht erhalten wird, liegt in der Hand der Leiterinnen von Warmi. Diese haben zudem leider auch noch mit anderen Problemen zu kämpfen, da die Inflation mächtig auf das Budget geht. Käse und Fleisch kosten das Doppelte wie vor noch einem oder zwei Monaten. Der Preis von Brot, Reis und Kartoffeln ist auch stark angestiegen. Zum Glück fehlt es den Kindern bisher an nichts. Hoffen wir, dass das so bleibt, trotz der finanziellen Probleme.
Ein Unterschied zu Deutschland, der mir jeden Tag auffällt und mich daran erinnert, dass ich nicht in dem Land bin, in welchem ich aufwuchs, ist, dass es hier Unmengen von Straßenhunden gibt. Sie sind in allen Bereichen, in denen nicht zu viel Verkehr herrscht und nicht zu viele Menschen sind, vorzufinden. Es gibt sie in groß, mittel und klein, in schwarz, weiß, braun und mischfarben, mit Flecken, sowohl einzeln als auch vielfach auf dem Fell verteilt, ohne Flecken, mit einem übergezogenem T-Shirt und ohne, schmutzig und sehr schmutzig, mit gelben Halsband und ohne (wird ihnen nach einer Impfung übergestreift). Manchmal sind sie in Rudeln unterwegs, aber häufig auch allein, was den Anschein erweckt, dass sie untereinander absprechen, welches Auto sie demnächst anbellen oder in welche Straße sie als nächsten ziehen. Häufig sind sie einzeln anzutreffen, die meisten haben schon ihre festen Plätze, sodass ich auf dem Weg zu Warmi und zurück immer an denselben Tieren vorbeigehe. Im Allgemeinen sind es jedoch sehr ruhige Zeitgenossen. Meistens beachten sie einen überhaupt nicht, wenn man an ihnen vorbeiflaniert. Was sollen sie auch die Menschen interessieren, die täglich zu hunderten an ihnen vorbeiziehen und ihnen, wenn man sie anbellt mit Steinwürfen oder Tritten drohen. Was noch auffällt, ist der Paarungsdrang, der ihnen allen gemein ist und dem sie zu jeder Zeit und überall nachzukommen versuchen. Daher wird ihre Zahl wohl auch nicht abnehmen.
Politisch wurde der Dialog, den man, ob der Sturheit beider Seiten, sowohl Regierung als auch Opposition, die beide nicht von ihren Punkten abweichen wollten und den jeweils anderen zur Unterzeichnung seiner Ideen zwingen wollten, auch als zwei Monologe bezeichnen könnte, am Sonntag den 05.10. beendet. Jetzt wird alles an anderer Stelle weiter diskutiert, das Problem besteht jedoch weiterhin darin, dass das Land, besonders jetzt, nicht zur Ruhe kommen wird. Weitere Blockaden und Auseinandersetzungen sind wahrscheinlich.

Montag, 29. September 2008

Carmina Burana


Impresionante!! Das war das einzige Wort, mit dem ich eines der wohl besten Konzerte, die ich je gesehen hab, beschreiben kann. Am Freitag Abend, bin ich mit Elena, meiner Chefin, sowie Viktor und Carol, ihrem Sohn und seiner Frau, zu dem Konzert der Philharmonie Cochabambas gegangen, bei dem Don Raul, der Ehemann Elenas, mit seinem Kontrabass mitwirkte. Die „Carmina Burana“ waren angesetzt und da diese mir nicht nur aus dem Lateinunterricht schon bekannt waren, war ich schon vorher Feuer und Flamme, auf das Konzert zu gehen. Ein bestimmt hundertköpfiger Chor, sowie ein Orchester von sicher 50 Instrumentalisten, hinterließen in meinem Kopf und meinem Herz für Musik einen solch großen Eindruck, dass mit den Liedern im Ohr einschlief! Die Halle in der das Konzert stattfand, war prall gefüllt und alle waren gebannt und verzaubert von der Darstellung der Philharmonie.
Die Lage im Land hat sich mittlerweile ein wenig beruhigt. Die bloqueos wurden zum großen Teil aufgelöst, wenn dies auch nur mit dem Prädikat „zeitweise“ versehen ist. Evo Morales hat sich mit den Verantwortlichen der sozialen Bewegungen am Samstag, den 27.09, in Cochabamba getroffen, um die neuen Druckmittel für die rebellierenden departamentos zu diskutieren. Sein Ziel ist weiterhin die Bestätigung der prefectos zu seiner neuen Konstitution, welche diese ohne Auflagen unterschreiben sollen. Der Dialog geht weiter, das einzige was sich also machen lässt, ist abwarten, was bei den Gesprächen herauskommt.
Mein Leben bei Warmi läuft weiterhin in gewohnten Bahnen. Ich habe mittlerweile gelernt, einen Kreisel zum Tanzen zu bringen, mit Hilfe einer Schnur, sowie einige kleine Kunststückchen. Das Üben hat mir aber auch direkt eine Blase eingebracht! Katherin, eines der Mädchen, denen ich bei den Hausaufgaben helfe und mit denen ich nach dem Tee Spiele spiele, hat mich gefragt, ob man in Deutschland auch Kreisel spielt. Da meine Antwort negativ ausfiel und ich ihr sagen musste, dass ich hier zum ersten Mal diese Art von Spielen spiele (darunter fällt auch das „Murmeln“), frage sie mich, ob man in Deutschland etwas zurück geblieben sei in der Zeit?! Mein verdutzter Gesichtsausdruck und mein Gestammel konnte sie nicht recht deuten, denn ich wusste nicht, was ich antworten soll. Denn diese Spiele machen nicht nur Spaß, schulen Koordination und stärken die Gemeinschaft, sondern sind auch einfach und, zumindest meiner Meinung nach, wertvoller als die Konsolen- und Computerspiele. Weitere Blasen sind also vorprogrammiert, aber die nehme ich genre in Kauf!

PS: Um noch einmal die Sache mit dem Bier zu unterstützen:bitte den Link namens „Taquiña“ anschauen. Diese Werbung zeigt sowohl den Humor Boliviens und den Stolz der Cochabambiner auf „ihr Bier“!

Dienstag, 23. September 2008

Gringo





Letzten Sonntag, am 14.09., dem Gründungstag Cochabambas, bin ich mit meinen Freunden Vicho und Carol, sowie Tucho und Anita, nach Tolata gefahren, einem Dorf ca. 20min außerhalb Cochabambas. Vicho, seinerseits Bauingenieure, hatte dort eine Baustelle und der Auftraggeber hat ihn und seine Freunde zu einer Feier eingeladen, die in Tolata an diesem Tag anlässlich des Tages einer Jungfrau zelebriert wird. Nachdem wir an der Messe teilgenommen haben, die mal wieder etwas Neues bot, da ein Mann mit Uniform eines Soldaten und seinem Gewehr unter der Bank auch an diesem Gottesdienst teilgenommen hat. Wie sich hinterher herausstellte, war es eine Spielzeugwaffe, da der „Soldat“ an den traditionellen Tänzen, die nach der Messe stattfanden, mitwirkte und somit nur nicht aus seiner Rolle konnte.
Auf dieses recht einschneidende Erlebnis folgten noch zwei weitere schwerwiegende! Als wir auf dem Weg zu dem Hof waren, auf welchem die Feier des Bauherren stattfinden sollte, kam uns ein Mädchen von ungefähr vier oder fünf Jahren entgegen. Sie begrüßte uns einfach mit einem „hola chicos“ und fügte nach unserer Erwiderung, zur Überraschung aller, noch ein „hola gordo“ hinzu und boxte mir hierzu noch in den Bauch. „Gordo“ bedeutet „dick“....ich weiß noch immer nicht, was ich davon halten soll, denn eigentlich habe ich meine Figur und wohl auch mein Gewicht gehalten. Für den Rest gab es also was zu lachen und für mich zu denken! Wir gingen also auf den Hof und setzten uns. Sogleich kam der Kellner, ein Mitte 40-jähriger Mann der Landbevölkerung, was man ihm auch ansah. Eine geborene Frohnatur, die dazu noch angeheitert war und wohl vom Vortag noch abzubauen hatte. Seine ersten Worte, als er an unseren Tisch kam: „No queremos gringos!“ (Wir wollen keine Ausländer!) Dabei schaute er demonstrativ mich an. Meine Freunde widersprachen sofort und sagten, dass ich nur ein „choco“, ein „jovero“ sei (weiße Bolivianer, die durch spanische oder sonstige Vorfahren -denn der Großteil der Bevölkerung sind Mestizen, also Menschen mit indianischer und europäischer Abstammung, so wie mein Vater und ich letztendlich auch ein wenig-). Er fragte mich also, wo ich herkomme, meine Antwort, dass ich aus Cochabamba sei, glaubte er mir aber nicht und fragte daher nochmal. Dies war übrigens das erste Mal, das ich als „gringo“ bezeichnet wurde, ansonsten sagen alle „choquito“ zu mir. Anita wurde also schwach und bevor ich meine Antwort wiederholen konnte, platzte sie mit: „Él es aleman“ heraus. Der Kellner schaute mich an, nahm Haltung an, reckte den rechten Arm und rief laut und vernehmlich: „Heil Hitler“. Meine Kinnlade fiel herunter und ich war erstmal still. Er verstand nicht ganz, er glaubte wohl, dass das immer noch so üblich sei in Deutschland und auf seine Frage was los sei, antwortete ich nur: „Du beleidigst mich!“ Nach dieser harten Konfrontation deutscher Geschichte, verbrachten wir trotzdem einen wunderbaren Nachmittag auf der Feier und tranken das Nationalgetränk Boliviens: „Chicha“. Das ist gegärter Maissaft. Diese chicha war ausgezeichnet, auch wenn es die erste war, die ich je getrunken habe, aber diese Meinung teilten auch meine Freunde. Mit Musik und Tanz wurde also bis zum Einbruch der Dunkelheit, was so um halb oder viertel vor sieben ist, der Tag verbracht.
Unterdessen ging in dieser gesamten Woche der „Dialog“ zwischen Regierung und den prefectos der departamentos weiter. Ein Dialog, in dem keiner auch nur einen Zentimeter zurückweicht, aber auch keiner -bisher zumindest- aufgibt. Evos Hauptziel ist immer noch das Gesetz für ein Referendum für seine neue Konstitution bis zum 1.10 durchzubringen, dies muss jedoch von den prefectos unterschrieben werden. Er gab gestern, am 21.09., eine Pressekonferenz im Sitz der sechs Föderationen der Coca-Bauern, deren Präsident er immer noch ist, auf der eine Erhöhung des Drucks der „sozialen Bewegungen“ (Zusammenschlüsse von indigenas und campesinos (Coca-Bauern) beschwor, sollte sein Vorschlag zu diesem Gesetz nicht bis zum 1.10 angenommen werden. Diese Bewegungen sind stark bewaffnet und angeblich von der Regierung bezahlt, ernährt, ausgerüstet und bedroht, denn marschieren sie nicht mit, so wie derzeit auf Santa Cruz, werden ihre Felder verbrannt und Ähnliches. Die sozialen Bewegungen drohen also auch mit einer Radikalisierung ihrer Mittel und dem Einmarsch nach Santa Cruz, während die „unión juvenil cruceñista“ die Bevölkerung Santa Cruz´ auffordert, sich zu bewaffnen, um die Stadt zu verteidigen. Man kann die Probleme auf die Schlagworte „Nueva Constitución vs. Autonomía“ oder „Ideen Evos vs. reiche und ihre eigenen Interessen durchsetzen wollende Bewohner der östlichen departamentos“ reduzieren. Los prefectos sind nun nicht an der Ablehnung des Referendums interessiert sondern besonders an internationalen Beobachtern, welche die Einschreibung der Menschen vor den Wahlen, die Ausgabe und Kontrolle von Ausweisen und das zivile Registrierungssystem überwachen sollen. Denn bei dem Referendum im August, haben wohl Menschen mehrfach oder gar verstorbene Personen gewählt....

Donnerstag, 11. September 2008

Wo beginnt der Bügerkrieg?



Am vergangen Sonntag, dem 07.09, fand hier in Cochabamba der in Bolivien einzigartige „día del peatón“ (Tag des Fußgängers), was man mit einem autofreien Sonntag vergleichen kann, statt. Sieht man sonst kaum Fahrräder auf den Straßen, so waren an diesem Tag alle auf ihren Drahteseln unterwegs. Ich vermisse mein Fahrrad schon, aber hier ist es einfach viel zu gefährlich mit einem Zweirad auf den Straßen zu fahren. Die kaum beachteten und immer individuell ausgelegten Verkehrsregeln, gefährden die Radfahrer viel zu sehr, zudem fehlt ihnen eine Hupe, mit der sie auf ihr Dasein hinweisen könnten. Die Innenstadt war also an diesem sonnigen Tag mit Spielen, Musik, weiteren Shows und jeder Menge Fressbuden ausgestattet worden. Man sah sogar Reiter, die mit ihren Tieren die Straßen für sich beanspruchten.

Ist in Cochabamba bisher noch alles sehr ruhig und friedlich -die Stadt bereitet sich gerade auf die Feier ihres Gründungstages vor, der am 14.09 ist-, so kann man jedoch von einer ruhigen und friedlichen Lage des Landes nicht sprechen! Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen MAS-Anhängern und MAS-Gegnern, erschüttern besonders in dieser Woche die Bevölkerung und bestimmen die Nachrichten. Kern der Konfrontationen ist die neue Konstitution Evos, die den wirtschaftlich erfolgreichen „departamentos“ ihren Wohlstand abnehmen und sie vor allem zu Gunsten der indigenen Bevölkerung aufteilen will. In Pando, Tarija und Santa Cruz finden die Auseinandersetzungen statt, die schon 8 Tote und an die hundert Verletzte gefordert haben. Das Volk, sowohl „campesinos“ (Bauern und zugleich meist MASistas) und MAS-Gegner, ist bis an die Zähne bewaffnet! Dabei handelt es sich nicht nur um Stöcke und Steine, sondern auch immer mehr um Schusswaffen, denn dem Kasernen wurden überfallen und die Waffenlager geplündert. Plünderungen finden in jenen departamentos immer häufiger statt, man kann von einer sich selbst regierenden Bevölkerung sprechen, denn die Regierung hat keinerlei Kontrolle mehr über das Geschehen. Gas und Benzin gehen aus und so kam es heute Abend, am 11.09, beim Blick aus meinem Zimmerfenster zu der Szenerie auf dem Foto. Lange Schlangen vor den Tankstellen, da sowohl Gas und Benzin abgestellt wurden. Nach ca. 1,5 Stunden löste sich der „Stau“ dann auf, da es kein Benzin mehr gab. Evo, der scheinbar nur seine neue Konstitution im Sinn hat, für die er jetzt auch ein neues Referendum am 07.12 durchgesetzt hat, setzt nicht auf den von allen Seiten geforderten und angesprochenen Dialog, sondern verschärft die Lage mit der Aussage: „Die Geduld hat Grenzen“. Er bezieht sich dabei auch auf die Einnahme öffentlicher Einrichtungen und Institutionen in den unkontrollierbaren departamentos. Gleichzeitig schmeißt er den Botschafter der USA aus dem Land und riskiert somit die bilateralen Beziehungen zu den USA, die als Reaktion auch den bolivianischen Botschafter als unerwünschte Person deklariert haben. Des weiteren verändert er sein Kabinett, damit seine „Visionen“ und „Ideen“ schneller durchgesetzt werden können und nimmt den departamentos eine wichtige Steuer ab, die IDH (Direkte Steuer auf Hydrocarbonate), was einen weiteren Streitpunkt zwischen Zentralregierung und departamentos darstellt. Die Reaktion der prefectos der departamentos, die komplett blockiert sind und langsam Mangel an Nahrungsmittel und anderem leiden, ist das Zuschieben der Schuld auf Evo und die MAS (Partei: Movimiento al Socialismo).

Alle reden von der Gefahr eines Bürgerkrieges, aber hat der nicht schon längst begonnen?! Das Volk steht sich in zwei Lagern verfeindet und bewaffnet gegenüber. Es gab Tote und es sieht nicht nach einer schnellen Lösung der Konflikte aus, denn Chavez, Präsident Venezuelas und Verbündeter Evos, hat das Aussenden von Truppen nach Bolivien angekündigt, um einen zivilen Putsch zu verhindern! Die Situation verschärft und verschlimmert sich weiter und so wie es aussieht wird schon recht bald etwas Großes passieren, sei es ein richtig ausbrechender Bürgerkrieg oder die Intervention des Militärs, das derzeit versucht die Lage zu beruhigen. Ich hoffe für Bolivien, dass Lösungen gefunden werden, aber die zwei Lager sind verfestigt und festgefahren. Das Schlimme dabei ist, dass das Volk leidet, denn durch die Straßenblockaden fehlt es an Obst, Fleisch, Mehl und somit Brot, Huhn und vielem Anderem. Noch ist zwar, zumindest in Cochabamba nichts ausgegangen, aber die Preise sind schon gestiegen. Die Kirche wird aufgefordert, für Frieden zu sorgen, aber welche Möglichkeiten hat sie schon, außer weiterhin die friedlichen Botschaften Gottes der derzeit dafür tauben Bevölkerung zu predigen?! Auch als Kriegsdienstverweigerer hoffe ich, dass sich die Auseinandersetzungen nicht auf das ganze Land ausweiten, denn die Folgen wären, wie bei jedem Krieg, verheerend. Wirtschaftlich, aber vor allem menschlich!!

Freitag, 5. September 2008

Living la vida loca



Ich fühle mich wohl! Das kann ich mit Bestimmtheit sagen. Es ist ein ganz anderes Leben hier und ein ganz anderer Rhythmus, aber der missfällt mir keineswegs, sondern ich habe mich unerhört schnell an ihn gewöhnt und ihn adaptiert. Zeit spielt hier beispielsweise nur eine untergeordnete Rolle. Ich bin kein „Sklave meiner Armbanduhr“ mehr, so wie man, wenn man mal genauer hinsieht, das Leben als Bürger in Deutschland bezeichnen könnte. Lädt man hier ein, so kommen die meisten Gäste sicherlich erst 30-60 Minuten später. Nicht, dass das eine als hervorragend hervorzuhebende Eigenschaft der Südamerikaner sei, aber der Umgang mit Zeit ist einfach lockerer. So hetzt man auch nicht beim Essen, um dann zu einer Verabredung zu gehen oder unterbricht eine spontane Konversation mit einem Bekannten, den man in der Stadt getroffen hat, nur um pünktlich jemanden abzuholen, mit dem man etwas Trinken gehen will. Schaut man sich aber den Straßenverkehr hier an, so ist der Eindruck des Langsamen der Zeit sofort dahin. Nichts kann hier schnell genug gehen, also auf den Straßen. Wildes Gehupe und neue Höchstgeschwindigkeitsrekorde in der Innenstadt sind nicht die Ausnahme. Gehupt wird übrigens nicht nur, wenn gerade eine schöne Frau auf dem Bürgersteig entlang flaniert, sondern auch an jeder Kreuzung, denn derjenige, der zuerst ankommt, hupt und sagt somit: „Ich hab jetzt Vorfahrt, komme was da wolle!“ Anders als in Deutschland ist auch, dass wenn gehupt wird, nicht gleich zehn andere Fahrer beleidigt sind. Es ist an der Tagesordnung und an den Lärm, den das Hupen und die unzähligen Alarmanlagen an den Autos, die ca. eine Minute dauern, die lautesten, wildesten und schrillsten Töne haben, die man sich vorstellen kann und gefühlt alle fünf Minuten anspringen, verursachen, muss man sich auch erstmal gewöhnen.
Das Klopapier hier in Südamerika -ja, ich schrecke nicht vor diesem Thema zurück!- ist rosa. Immer und überall. Also ein Paradies für Rosa-Fetischistinnen und Fetischisten (falls es solche gibt). Es wird auch nicht ins Klo geworfen, wie bei uns üblich, auch wenn man nicht darüb er spricht, sondern in einen neben der Schüssel stehenden Mülleimer. Geruchstechnisch lässt es sich so lange aushalten, wie der Eimer auch einen Deckel hat...
Kommen wir zum Nationalgetränk der Deutschen: BIER! Ich werde hier gefragt, ob wir in Deutschland auch Bier trinken....hmmm, ich muss den Bolivianern mit ihren siebenBieren im ganzen Land erst einmal erklären, dass die Bierbrauerei im Bereich Deutschlands schon bei der Entdeckung Südamerikas so alt war, wie das Mittelalter selbst und das schon die Römer „cervisia“(hoch lebe Asterix) kannten. Sowie, dass die Tradition des Biertrinkens bei uns soweit geführt hat, dass ein regelrechter Wettstreit aller Regionen und Dörfer in unseren Landen ausgebrochen ist, wer das leckerste Bier zu bieten hat. Die Frage nach der Menge unserer Biersorten beantworten ich meistens aus Unwissenheit nicht....aber wer weiß schon wie viele Biere es in Deutschland gibt?!Die politische Lage ist wieder in Schwung geraten. In Beni und Santa Cruz gibt es gewalttätige und zum Teil bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen „masistas“ (Parteianhänger Evos; MAS = Movimiento al socialismo) und den Autonomiebefürwortern. Die Regierung hat nun beschlossen, diese departamentos zu blockieren. Die Konflikte sind deshalb ausgebrochen, da Evo mit „decretos“ also Beschlüsse, die ohne das Parlament, sondern nur durch den Präsidenten durchgesetzt werden, seine neue Konstitution in einem neuen Referendum am 7.12. bestätigen lassen will. Man liest häufig in der Zeitung von decretos die Evo erlassen hat, zu den verschiedensten Dingen, die Quintessenz, die man aus den politisch beeinflussten und nur mit Vorsicht zu genießenden Medien herauslesen kann ist, dass sich Bolivien auf eine Diktatur zu bewegt, denn mit Sozialismus hat das, was hier erlassen wird, wenig zu tun....

Sonntag, 24. August 2008

Tagesablauf




Da sich mittlerweile eine gewisse Routine eingeschlichen hat und ich an alles, was hier in Bolivien so vor sich geht, nun schon ziemlich gut gewöhnt bin, wage ich es mal einen typischen Tagesablauf zu erstellen.

Meine Arbeit beginnt so gegen 10 Uhr morgens, bolivianischer Zeit. Es ist also halb so wild, wenn ich auch mal etwas später ankomme, was sich ab und zu nicht vermeiden lässt, denn die Trufis kommen nie zu festen Zeiten, weshalb ich auf den, der mich zu Warmi bringt, oft auch mal 15 bis 20 Minuten warten muss. Wenn ich ankomme, dann sind nur die Kleinsten da, also die bis Drei-jährigen und die bis Fünf-jährigen, die aber beide Betreuung haben und auch eine „profesora“, die ihnen Vokale, Zahlen, Farben, Koordination oder Benehmen beibringt. Um diese Uhrzeit wird auch eine „merienda“, das ist Obstsalat, Fruchtsaft oder eine Banane, von mir ausgeteilt. Manchmal spiele ich also mit den Kleinen, aber meistens bin ich mit Efrain, einem 21 Jahre alten Arbeitskollegen und der Bibliothekar von Warmi, in der Bibliothek und wir organisieren ein wenig. Zur Zeit ist es unsere Aufgabe, die unendliche Spielesammlung von Warmi zu übersetzen (eher mein Part) und auszuprobieren. Ja, das bedeutet, dass ich morgens spiele! Gegen 12.30 Uhr kommen dann die Größeren aus der Schule direkt zu Warmi. Sie können sich erst noch ein wenig austoben aber wenn es dann ungefähr 13.15 ist, dann müssen sie ihre Hände waschen, da es bald darauf Mittag gibt. Es werden also Reihen vor dem Eingang zum Essensraum gebildet und wenn sich alle beruhigt haben, dann darf eingetreten und gebetet werden. Ich serviere dann Sopa de Mani (Erdnusssuppe), Reisgerichte, Nudelgerichte, Kartoffelgerichte und ein „refrezco“ (Getränk). Meist gibt es auch noch eine Vitamintablette aus der medizinischen Abteilung dazu, welche die Ernährung, die bei Warmi schon ziemlich komplett ist, noch ergänzt. Nun ist spielen angesagt oder ausruhen, je nachdem, was die Kinder gerade bevorzugen. Um 15.00 beginnt dann die Hausaufgabenhilfe. Von mir werden diejenigen ab der 5. Klasse bis zur 8. Klasse unterstützt, aber auch Ältere, die Fragen zu Mathe oder Englisch haben, kommen zu mir. Nach eineinhalb Stunden wird erstmal wieder gespielt und um 16 Uhr gibt es Tee mit Brot, das bei Warmi frisch gebacken wird, lecker, um danach wieder zu spielen oder zu lesen. Denn Lektüre ist Pflicht bei Warmi, da die Kinder zu Hause meist überhaupt nicht lesen. Wer nicht liest, darf am Freitag, an dem es keine Hausaufgaben gibt, nicht mit auf den Fußballplatz, auf den Spielplatz oder Video gucken. Um 17.30 mache ich Feierabend.

Dienstag, Samstag und Sonntag habe ich jetzt Leute zum Fußballspielen gefunden, Hobbytruppen. Auf Beton, Sand und Steinen und einmal auf Rasen kann ich daher spielen. Den Rest der Abende verbringe ich mehr oder weniger spontan. Auf die Cancha (ein riesiger Markt), Freunde treffen oder ins Kino, je nach Lust und Laune.