Dienstag, 8. Juli 2008

In der gruenen Stadt


Endlich angekommen! Cochabamba, die Stadt in der ich das nächste Jahr verbringen werde, hat mich nun endlich in ihre Mitte aufgenommen, nach einer wunderschönen und bequemen Nacht auf einem Flughafenrestaurantstuhl in Santa Cruz! Ich wurde mit winterlichen 4°C begrüßt, was nach den sommerlichen Temperaturen Paraguays eine ordentliche Umstellung erforderte. Mir wird diese Woche erst einmal die Stadt gezeigt und ein bisschen Zeit gegeben mich hier einzuleben, bevor ich dann anfange für „Warmi“ zu arbeiten. Ein Rundgang durchs Zentrum und das Kennenlernen einiger berühmter „plazas“ gehörten also zum Programm meines erstes Tages in der „grünen Stadt“ Boliviens. Sie heißt so, da die Temperaturen im gesamten Jahr relativ konstant um einen Mittelwert schwanken, der ca. bei 17-20°C liegt, was einen ganzjährigen Frühling bedingt. Die Bolivianer unterscheiden sich in ihrer Art wesentlich von den Bewohnern Paraguays. War ich im Land meiner Wurzeln noch kaum als Ausländer zu erkennen, da es dort viele andere Deutsche gibt und auch viele Nachfahren Deutscher (es gibt auch mehrere deutsche Kolonien), so bin ich doch in Bolivien sofort als Europäer zu identifizieren. Eine dunklere Haut, ein ziemlich rundes Gesicht mit breiten und hohen Wangenknochen, sowie länglich gezogene Augen und ein ernster bis trauriger Gesichtsausdruck, so könnte man die Cochabambiner beschreiben, die ich bisher gesehen habe. Auch eine gewisse Distanz zu anderen Menschen, nicht nur zu mir als Fremden, habe ich festgestellt. Die Bolivianer sind ruhiger, sowohl vom Gemüt als auch vom Verhalten. Das Leben konzentriert sich auch hier stark auf die Straße: Früchte, Zeitungen, Bälle, Bücher und sehr vieles mehr wird auf der Straße verkauft. Indigene Frauen (cholitas) mit traditionell bunter Kleidung (pollera) und häufig einem Kind in einer „Tragetasche“ (k´hepy) um den Oberkörper, betteln auf den Straßen. Sie kommen, wie mir gesagt wurde, vom Land, da sie in der Stadt Arbeit und Reichtum erwarten, was eine Landflucht verursacht, die die Armut in den Großstädten in enormen Maße verursacht und prägt.
Ein Job beim deutschen TÜV wäre sowohl in Bolivien als auch in Paraguay besser als jeder andere, denn es gäbe unendlich Arbeit. Von den Autos wird alles gestohlen, was sich irgendwie lösen lässt: Blinker, Räder, Felgen, Stoßstangen, wenig das ich in dieser Zeit noch nicht als fehlend gesehen habe. Gefahren wird trotzdem! Ob nun Licht oder Blinker am Auto sind oder nicht! Technoblinker sieht man hier auch an jeder Ecke. Da die Kriminalitätsrate so hoch ist, werden in beiden Ländern um alle Häuser dicke Mauern und hohe Gitterzäune mit Stacheldraht gebaut, um sich vor Einbrechern zu schützen. Das Traurige ist, so sagt man wohl hier, dass man nicht einmal vor seinen eigenen Nachbarn sicher sein kann.
Nun aber zu etwas Positivem! Ich habe gestern auch schon das Projekt besichtigen können, zwar um 19Uhr und in völliger Dunkelheit, aber es macht einen mehr als guten Eindruck! Ich frage mich zwar wie man in einer 10m² Küche für 120 Kinder kochen kann, aber das werde ich wohl noch kennen lernen dürfen. Es gibt die Seifenfabrik, einen großen Raum für Babys, deren Mütter in der Fabrik arbeiten, einen abgetrennten Bereich für die Kleinen und einen großen Platz für die Größeren. Mehrere Klassenzimmer konnte ich auch schon besichtigen. Leider sind mir auch schon die ersten traurigen Schicksale begegnet: ein Schwesternpaar von wohl drei und sechs Jahren, deren Mutter sie verlassen hat und deren Vater weit draußen auf dem Land arbeitet, weshalb er sie erst sehr spät, schon lange nachdem Warmi geschlossen hat, abholt. Zu ihrem Glück wohnt eine Frau, Hilda, mit zwei Kindern bei Warmi und somit müssen sie nicht den Abend allein verbringen oder gar auf der Straße. Jene öffnet morgens auch das Tor für diejenigen Kinder, deren Eltern sie schon früh vorbeibringen, da ihr Weg zur Arbeit sehr lang ist.
Ich wohne derzeit im Haus meiner Chefin, denn scheinbar will mich keine Familie haben :( ....nein der Grund ist eine Reise der Familie, die mich aufnehmen wollte.

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